Dr. med. Andreas Kramer

Gruppentherapie

Gruppentherapie ist ein kraftvolles Werkzeug für die Verwirklichung eines persönlichen Veränderungsprozesses. Kein Mensch fühlt sich spontan wohl dabei, sein tiefstes Inneres vor Anderen zu offenbaren. Es entstehen schnell Ängste und Befürchtungen. „Was, wenn man mich nicht mag? Was, wenn man meine Beiträge nicht schätzt? Was, wenn man mich für etwas verurteilt?“ In Gruppen ist man sofort mit dem Gefühl der Scham konfrontiert. Aber statt zu vermeiden, wodurch Weiterentwicklung und persönliches Wachstum zuverlässig verhindert wird, geht es in der Gruppe darum, sich der Herausforderung zu stellen, zu lernen, Vertrauen aufzubauen, sich mitzuteilen, sich einzubringen, sich im Spiegel der Reaktionen der Gruppenmitglieder selbst sehen zu lernen, am Modell anderer zu lernen, aber auch anderen in ihren Entwicklungsprozessen zur Seite zu stehen. 

Vor meiner Praxistätigkeit habe ich lange als Oberarzt in Kliniken gearbeitet, dort gehört Gruppentherapie von jeher zum Standardprogramm, und nicht wenige Klinik Besuchende zählen in der Rückschau gerade die Gruppentherapie zu dem, was sie am meisten weitergebracht hat. Ich habe mich – auch als Schüler meines geschätzten Lehrers Dankwart J. Mattke, einem Verfechter der Gruppentherapie – dem Verankern der Gruppentherapie als Selbstverständlichkeit auch in der ambulanten Versorgungslandschaft verschrieben. In meiner Praxis biete ich seit einiger Zeit keine Therapien mehr ohne Gruppentherapie als festen Bestandteil an.  

Basierend auf den zwei wichtigen Regeln der Gruppentherapie – derjenigen der absoluten Diskretion und derjenigen des wertschätzenden Respektierens des Gegenübers, entwickelt sich im Idealfall eine Atmosphäre von Vertrauen, Interesse und Sicherheit, die Gespräche in einer Tiefe ermöglicht, wie sie sonst im Leben kaum zu finden ist. Gruppentherapie bietet wie keine andere Therapieform die Möglichkeit, zwischenmenschliche Interaktionsmuster auf den Prüfstand zu stellen und an deren Veränderung zu arbeiten, um im besten Fall im „Real Life“ Verbesserungen zu erzielen, die tiefere Lebenszufriedenheit ermöglichen. Wertschätzende Konfrontation ist im ersten Moment nicht immer einfach, weder sie zu empfangen noch sie zu geben,  aber heilsam und Augen öffnend. Die Integration der Gruppenerfahrung führt zu Demut – der Erkenntnis, nicht das Maß aller Dinge zu sein – aber auch zu Sinnhaftigkeitserleben, der Erfahrung, bedeutsam zu sein – und echtem Verständnis seiner selbst. 

Kontinuität, d.h. eine regelmäßige Teilnahme aller Gruppenmitglieder, ist im ambulanten Bereich dabei die große Herausforderung. Mein Ansatz dazu basiert auf einem gemeinsamen Festlegen der nächsten Termine, auch das wird zu einem Gruppenprozess, damit immer so viele wie möglich kommen können. Für eine konzentrierte und sich von Termin zu Termin weiterentwickelnde Gruppenarbeit ist Kontinuität sehr wichtig.

Auf diese Weise finden meine Gruppen im Schnitt alle zwei bis drei Wochen statt, wobei es auch sein kann, dass der nächste Termin bereits in einer Woche oder auch erst in vier Wochen stattfindet. Begleitend zur Gruppentherapie kann in Einzelterminen vertiefend auf Dinge eingegangen werden, die den Rahmen der Gruppe sprengen würden, oder um Themen auf das Einbringen in die Gruppe vorzubereiten oder Gruppenerfahrungen zu vertiefen.  Für neue Teilnehmende beginnt die Therapie immer mit einigen Einzelgesprächen, bevor dann der „Einstieg“ in die Gruppe – die aus mindestens drei und höchstens neun Teilnehmenden besteht – stattfindet.

Trauen Sie sich! Mit den Worten meines Lehrers Dankwart Mattke: „Keine Angst vor Gruppen!“